Tajakante - Klettersteig (D/E)

 

Luftige Herausforderung

”Nur für Geübte”

Photos: sebastian stiphout | www.sebastian-stiphout.com

Wer schon einmal am Seebensee war, kennt den Zauber der märchenhaften Landschaft rund um die Coburger Hütte in den Mieminger Bergen: Vor der Kulisse der meist wolkenverhangenen Zugspitze grast hier das Tiroler Grauvieh mit seinen stattlichen Hörnern auf den grünen Weiden zwischen Latschenfeldern und moosbewachsenen Felsen, während sich im kristallklaren, türkis leuchtenden Wasser des Sees Wolken und Berggipfel doppeln.
Hoch über dem See mit Blick auf diese verwunschene Hochwald-Idylle schwingt sich der Tajakanten-Klettersteig über knapp 600 Höhenmeter griffigen Fels hinauf bis auf den Vorderen Tajakopf in 2450 Metern Höhe.

Die Schönheit dieses Fleckchens Erde ist natürlich auch den Stars der Sozialen Netzwerke nicht lange verborgen geblieben und so tummeln sich mittlerweile an den Wochenenden am Ufer des Seebensees Ausflügler, E-Bike-Fahrer und Flip-Flop-tragende Teenager mit bunt gefärbtem Haar auf der Suche nach dem immer gleichen Insa-Pic. Doch wer sich früh genug auf den Weg macht, kann über den relativ steilen Hohen Gang oder den etwas leichteren Immensteig zum See gelangen, bevor die großen Massen von der Ehrwalder Almbahn her hereinbrechen.

In zügigem Schritt ist man von hier in zwanzig Minuten am Einstieg zum Klettersteig und hat bereits ausreichend Abstand gewonnen, wenn wenig später am Seeufer das bunte Treiben beginnt.


AUSGANGSPUNKT:       Talstation der Ehrwalder Almbahn  - 1108 m
ZUSTIEG: Hoher Gang / Immensteig / Ehrwalder Almbahn
HÖHENMETER: ca. 800 hm Zustieg | ca. 600 hm Klettersteig
GEHZEIT:      ca. 8-10 Stunden, je nach Kondition
ZUSTIEG: ca. 2-3 Stunden
KLETTERSTEIG: ca. 3-4 Stunden
ABSTIEG: ca. 3 Stunden
SCHWIERIGKEIT: schwer, nur für Geübte Klettersteiggeher! Schwindelfreiheit, Trittsicherheit, Kondition
EINKEHRMÖGLICHKEIT: Coburger Hütte (1917 m), Seeben Alm (1575 m)
AUSRÜSTUNG: Klettersteigausrüstung mit Helm, Gurt & Set, Handschuhe, leichte Daune, Regenjacke, Rucksack, ggf. Stöcke für den Abstieg

Ocun - Webee Lady - Klettergurt Gr M-L;XS-M rot/grau

OCUN

Webee Lady
Klettergurt

65,00 €

Uvex - LGL 39 Mirror S3 - Sonnenbrille grau/schwarz;blau/türkis/schwarz

UVEX

LGL 39
Mirror S3

245,00 €

Wild Country - Fusion - Kletterhelm Gr 1;2 weiß/grau

WILD COUNTRY

Fusion
Kletterhelm

50,00 €


Zustieg vom Seebensee

Nach einem kurzen Frühstück am Seebensee lassen wir die Talstation der Materialseilbahn der Coburger Hütte hinter uns. Bevor der Weg unterhalb der Hütte steiler ansteigt, wenden wir uns nach links, einem Wegweiser und vereinzelten Wegmarkierungen folgend. Die Wegfindung ist hier zunächst nicht ganz eindeutig, vor allem, weil Teile des Pfads im Juni noch von Altschneefeldern verdeckt sind. Wir halten uns leicht links, bis wir weiter oben auf einen deutlich eingetretenen Weg stoßen und wenig später an einem Schild “Nur für Geübte” den Einstieg zum Klettersteig erreichen.


Steil nach oben

Viel Zeit zur Eingewöhnung gibt uns der Klettersteig nicht. Bereits der erste Aufschwung ist in der Topo mit B/C bewertet. Kurze Zeit später folgt die erste D-Stelle. Ein guter Test: Wer hier bereits Schwierigkeiten hat, sollte lieber direkt umkehren. Zwar wird der Steig nicht viel anspruchsvoller, doch ist er lang und spätere Aufschwünge, besonders der mit D/E bewertete Überhang werden noch einiges an Krafteinsatz fordern. Die Krux an diesem berüchtigten Klettersteig ist vor allem seine Länge ohne Exit-Option bis kurz unterhalb des Gipfels.


Wer die erste Steilstufe überwunden hat, kann sich jetzt wenigstens ein bisschen erholen, während sich der Steig über spielerisch zu kletterndes B-Gelände dahinzieht. Wer kann, sollte sich hier die Zeit nehmen, die Aussicht auf den türkisfarbenen Seebensee und die Zugspitze zu genießen.

ST_mai20_TajaKante-302.jpg

Tipp
Nutze die ersten steilen Meter des steiges, um dein Können und deine Kraft einzuschätzen. Ein späteres Umkehren ist auf der Tajakante nicht möglich.


Nicht ganz auf der Hälfte des Steiges erreichen wir die Schlüsselstelle: Dieser mit D/E bewertete leichte Überhang erfordert mindestens Armkraft oder Technik. Bei meinem ersten Versuch die Tajakante zu klettern vor zwei Jahren, habe ich hier noch die Hilfe meines Bergführeres in Anspruch genommen. Heute klappt es ohne große Schwierigkeiten auch alleine. Dennoch würde ich jedem, der sich unsicher ist, raten: Geht mit einem Bergführer oder erfahrenen Bergpartner*innen los, die hier im Zweifel fähig sind, zu helfen. Wer hier nicht weiterkommt, dem bleibt nichts anderes, als die Bergrettung zu rufen.


Bergrettung

140 – österreich
1414 – Schweiz
18 – frankreich
118 – Italien
112 – Euro-Notruf: GSM Notrufservice
gilt einheitlich europaweit und wird von vielen Geräten als »SOS« - Funktion angeboten. Der Euro-Notruf 112 wird mit höchster Priorität im Netz behandelt! Sollte kein freier Funkkanal vorhanden sein werden sogar »normale« Anrufe verdrängt, um eine freie Leitung für den Notruf zu bekommen.


Tipp:

Du brauchst Hilfe, aber hast kein Netz? Starte dein Handy neu und gibt anschließend statt deiner PIN die 112 ein. Das Handy sucht sich dann automatisch das stärkste Betreibernetz und setzt den Notruf ab.



Alpine Notfälle

keiner wünscht es sich, doch ganz ausschließen können wir einen alpinen notfall leider nie. Neben einer realistischen und selbstkritischen Tourenplanung müssen wir uns daher auch damit auseinandersetzen, was zu tun ist, wenn wirklich mal etwas passiert.
Hier eine kurze zusammenfassung:

  1. Bergen der verletzten Person aus dem Gefahrenbereich (Steinschlag, weiterer Absturz…)

  2. Überprüfen der lebenswichtigen Funktionen/BAK-Kontrolle (Bewusstsein – Atmung – Kreislauf)

  3. lebensrettende Sofortmaßahmen einleiten

  4. Bergrettung rufen

  5. 6 W-Fragen beantworten:

    Was ist passiert?
    Wer meldet?
    Wie viele Verletzte?
    Wann ist es passiert?
    Wo ist es passiert?
    Wetter am Unfallort?

  6. Erste Hilfe leisten: den bzw. die Verletzte/n versorgen (Blutstillen, Unterkühlung vermeiden, ev. Vorbereitungen für ein Biwak treffen).


Wer die Schlüsselstelle gemeistert hat, hat die technischen Schwierigkeiten der Tajakante überwunden. Lediglich eine ausgesetzte Querung (D) zum Ende des ersten und längeren Teils des Klettersteigs kann nicht ganz schwindelfreie Bergsteiger*innen jetzt noch herausfordern, sollte aber für geübte Klettersteigler*innen kein Problem darstellen (und nur solche sollten ja die Tajakante überhaupt für sich in Erwährung ziehen).



La Sportiva - Women's Trango Tech GTX - Bergschuhe Gr 36;36,5;38;38,5 schwarz;türkis

LA SPORTIVA

Women's Trango
Tech GTX

245,00 €

T-Shirt mit Logo-Prints

THE
NORTH FACE

Logo Shirt

30,00 €
Ortovox - Women's Vajolet Pants - Kletterhose Gr M;S;XS rot/rosa;grau/oliv;blau

ORTOVOX

Women's
Vajolet Pants

140,00 €
Outdoor Research - Fossil Rock Gloves - Handschuhe Gr S umber / natural

OUTDOOR RESEARCH

Fossil Gloves

45,00 €

Nun folgt eine meist horizontale und gut versicherte Gratpassage – Achtung: Bester Foto-Spot ;)
Hier oben genießen wir den Blick über die zackigen Gipfel der Mieminger Kette und legen einen kurzen Vesper-Stop ein, bevor wir durch leichtes Geh-Gelände zum letzten Gipfelaufschwung wandern.

ST_mai20_TajaKante-600-min.jpg

Gipfelglück

Kurz vor dem Gipfel erreichen wir die einzige Exit-Option des Steigs. Doch wer es bis hierhin geschafft hat, hat wohl kaum einen Grund, noch umzukehren. Die kurze C/D-Stufe zum Gipfelgrat ist schnell überwunden. Danach ist es nur noch ein Katzensprung bis zu unserem heiß ersehnten Ziel.

Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt: Wir hatten den Steig und auch den Gipfel ganz für uns. Nach einer ausgiebigen Pause mit Blick auf die Miemiger Berge und das Zugspitz Massiv, machen wir uns an den Abstieg.


Der Abstieg

ST_mai20_TajaKante-1012-min.jpg

Den Abstieg vom Vorderen Tajakopf bis ins Tal sollte man in keinem Fall unterschätzen! 1350 Höhenmeter liegen vor, beziehungsweise unter uns. Wer glaubt, die ersten Meter über felsiges Gelände wären mühsam, gerät spätestens ins Fluchen, wenn später einige steile und nicht enden wollende Schuttpassagen durchquert werden müssen. Im Juni liegt hier trotz des schneearmen Winters noch viel Schnee und wir müssen einige Schneefelder queren. So ist auf diesem Abstieg in mehrerlei Hinsicht Trittsicherheit gefragt und ich war froh, meine leichten Carbon-Faltstöcke im Rucksack zu haben.

Immer den schönen Drachensee mit seinen umhertreibenden Eisschollen im Blick, schlängeln wir uns die steilen Hänge Richtung Coburger Hütte hinab. Wer Lust und Zeit hat, wagt den mutigen Sprung in den eisigen Bergsee oder erfrischt sich bei einem kühlen Radler in der jedoch immer sehr vollen Hütte.

Wir zweigen am Drachensee nach rechts ab und wählen den Abstieg durch die zu diesem Zeitpunkt noch von Altschneefeldern bedeckte Münchner Scharte. So vermeiden wir den stark frequentierten Wanderweg unterhalb der Coburger Hütte und gelangen vielleicht sogar noch etwas schneller hinab zum Seebensee.

Nach circa 1 1/2 Stunden über den Hohen Gang erreichen wir mit müden Beinen den Parkplatz der Ehrwalder Almbahn. Wer den steilen Steig nicht bergab gehen möchte, kann den etwas weniger steilen Immensteig gehen. Bei einsetzendem Regen empfiehlt sich der Abstieg über den Forstweg und die Ehrwalder Alm. Dieser Weg zieht sich zwar ganz schön, ist dafür aber die risikofreiste Variante bei Nässe.


Fazit

Eine landschaftlich atemberaubende, abwechslungsreiche Tour, die aber auf Grund ihres technischen Anspruchs und ihrer Länge nicht unterschätzt werden darf. Unbedingt früh losgehen und ausreichend Zeit für Pausen einplanen, dann macht die Tajakante Spaß. Das Gute: Es gibt seitlich des Steigs immer wieder flache Passagen, auf denen man sich ausruhen oder von hinten kommende, schnellere Bergsteiger vorbeilassen kann. Leicht packen lohnt sich!